Tag 4 von Bad Rothenfelde nach Kalletal und der Rückkehr der Steigungen
Der heutige Tag wird einer der härtesten, ein wenig unschicklich, wenn man dass schon beim Aufstehen weiß. Wir witzeln über die Route seit diese gestern fertig war – getrieben vom Respekt vor 700 Höhenmetern und knapp 70 km Weglänge. Ja schon klar 700 Höhenmeter könne auch recht entspannt sein, aber in unserem Falle gab es 4 Spitzen mit fiesen Anstiegen – vor allem mit Gepäck.
Doch fangen wir vorne an. Wir verlassen den Kurort, der uns so gut gefallen hat und folgen der Route die uns nach Norden führt und zwar an den am wenigsten bergigen Stellen. Die ersten 40 km sind geprägt von toller Landschaft mit Sicht auf den Teutoburger Wald und tollen geschwungenen Landschaften. Wälder, Wiesen, Windräder, einzelne Bäume und bewirtschaftete Felder mit Höfen wechseln sich ab oder fügen sich zusammen zu einem stimmigen Bild.
Kein Grund zur Klage, die Sonne scheint, ein paar Wolken sorgen für etwas Abwechslung doch schlechtes Wetter bleibt in weiter Ferne. So macht Radfahren Spaß. Die Steigungen sind stetiger Begleiter und so klettern wir immer weiter nach oben bevor wir nach Herford runter fahren. Hier werden wir überrascht, diese Stadt ist eine nette Überraschung, hübsche alte Gebäude, eine nette Ecke reiht sich an die nächste. An einem Kanal machen wir Rast. Wir haben uns an Bananen und Datteln als Mittagessen gewöhnt – erstaunlich gut.
Wir verlassen Herford entlang eines Kanals mit Kanubetrieb. Hübsch sieht es aus und erweckt die Lust im nächsten Jahr mal wieder Wassersporturlaub zu machen.
Die Steigungen nahen, wir haben Herford als das Ende der Leichtigkeit abgespeichert, doch bis Bad Salzuflen bleibt alles sanft, wir haben unsere Umwege vergessen.
Selbstbewusst fahren wir in Bad Salzuflen rein und erobern die erste Steigung im Sturm! Soll es das gewesen sein? Deswegen die Sorgen? Ja kein Spaziergang aber weit entfernt von der Pulstodeszone. Es geht in Richtung eines langgezogenen Waldes und damn ist der Sack hoch. Da ist sie. Die Todessteigung. Hier geht es hoch auf ca 260 m. Der Steigung trotzen wir nicht mal bis zur Hälfte. Mit fast 50 km im Gepäck ist das Teil zu krass. Psychologisch fatal war sicher, dass man sah, wie lange und wie krass der Berg ist. Die Beine streiken. Der Kreislauf kreischt die Symphonie des Exitus. Bremsen anziehen – nicht wegen der Geschwindigkeit, man will nur keinen Zentimeter Boden verlieren.
Ca. 10 Minuten später haben wir zum Gipfel geschoben. Wissend, dass dies lange nicht das Ende ist. Wir rasten mit Bananen, Datteln und Galgenhumor. Viel weniger schlimm als England… viel weniger…
Von nun an geht es, bergauf und bergab, immer schön im Fluss, dennoch können wir uns nicht verkneifen die Steigungen sarkastisch zu begrüssen. Ich bin etwas stolz, beim Wandern lache ich immer hysterisch, wenn es zu steil wird.
Endlich kommen nette Abfahrten, mit 50-60 Sachen knallen wir den Berg runter, der Wind kämmt die wenigen Haare und kühlt wundervoll. Einen Nachteil haben die Abfahrten, jeder Zentimeter muss am Ende der 70 km wieder den Berg hoch.
Das Höhendiagramm konnte uns nicht genug warnen, der Name der Ortschaft war Programm, aber Bergdorf werden wir vorerst nicht vergessen. Hier geht es erneut richtig hoch. Der kleinste Gang wäre immer noch ein Gang zu gross. Die Bewohner witzeln: Gleich geschafft! Ja ne du Nase. Sie wissen schon, dass sie hier in Bergdorf sind? Ohne Kinderwagen vor der Brust, wäre die Begegnung anders für ihn gelaufen… wir lassen alle leben und quälen uns Stück für Stück hinauf. Nach einiger Zeit hämmert der Puls so laut, dass ich keine ihrer Bemerkungen mehr hören würde.
Ich muss absteigen, während Karo weiter strampelt. 50 Meter schieben werden zu 100 und witzigerweise sind wir gleich schnell. Zunächst. Sie lässt mich hinter sich und ich kehre auf das Rad zurück.
Und nein, es ist noch immer nicht überstanden. Es kommt eine weitere Abfahrt und eine weitere Steigung. Wir bestehen sie beide und checken die Route. War das die letze? Haben wir es geschafft? Nach dem Gipfel, folgt konsequenterweise eine Abfahrt. Daran kann man sich gewöhnen. Was ein Geschäftsmodel. Gepäcktransport war gestern, wir setzen die Radler direkt am Gipfel ab…
Der Zieldistanzmesser läuft immer weiter gen null. Kalletal! Wir kamen! Wir schnaufen! Wir liegen! Wenn wir das Hotel finden. Nach müde kommt dumm und genauso stellen wir uns bei der Suche mit zwei GPS-Geräten und zwei Smartphones an. Kein Wunder, die Route führte noch zu einem alten Ziel… Endspurt! Ausrollen und die letzte, die wirklich aller letzte Steigung verfluchen und besiegen.