
Tag 5 von Kalletal zum Steinhuder Meer, dem Lohn für Arbeit und noch mehr Arbeit
Es geht gewohnt früh los. Das Wetter ist hier nicht besser als anderswo. Regen steht ins Haus, sind wir nicht vor 16:00 Uhr am Ziel. 70 km vom jetzigen Standort entfernt, befindet sich das Steinhuder Meer. Ein nettes Ziel, welches wir uns allerdings erarbeiten werden müssen. Es gilt mal wieder einige Höhenmeter zu überstehen – 400 an der Zahl, die selbstverständlich auf 2 konzentrierte und eine langezogene Steigung entfallen. Der Rest sollte ein Kinderspiel werden…
Es ist verrückt wie sehr man eine Veränderung der Muskulatur nach den wenigen Tagen spürt. Die Arbeit macht sich deutlich bemerkbar. Steigungen, die zu Beginn noch mit Ach und Krach geschafft wurden, sind heute keine Herausforderung mehr.
Wir starten mit einer langen Landstraßenfahrt. Man merkt dass die Einheimischen ihre Art gefunden haben mit dem “Angebot” an Radweginfrastruktur umzugehen. Man muss sich halt zu helfen wissen und vor allem immer den Überblick behalten. Autos von überall, die Schilder winzig und uneindeutig.
Autofahrer und ganz besonders LKW-Fahrer überholen ohne Gnade und immer wieder viel zu knapp, auch wenn wir es in England noch knapper erlebt haben, wundert und ärgert einen diese risikobereite Fahrweise – zumal wir das Risiko tragen, nicht der der es eingeht. Ok, genug davon.
Nach einigen schönen Abfahrten und den beiden direkt aufeinanderfolgenden Killersteigungen (ich bilde mir ein Friedhöfe voller Radfahrer an den Seiten des Weges zu sehen), die sogar schiebend ordentlich anstrengend waren und Puls und Atmung wieder zum Orchester werden ließen, kamen wir zur Überraschung des Tages:
Bückeburg – bekannt aus dem Ärztesong “Straight outta Bückeburg” (stellt Euch Karo singend vor…vielleicht aber auch lieber nicht…). An der Hauptkreuzung steht ein nettes Ratshaus, welches wir in einem perfekten Moment in Manier amerikanischer Touristen in einem Drive-by-Shooting ablichten und zufällig ein Schild zum Schloss des Ortes sehen. 500m?! Die machen den Braten nicht fett… na gut es geht bergab, hmmm aber ein Schloss! Seht selbst, in der Bildergalerie sollte man einen Eindruck davon bekommen. Wir trinken und essen etwas für die Moral und den Energiehaushalt an der alten Schlossküche, füllen den Wasserbestand auf und ziehen weiter.
Nach der Überraschung der Etappe folgt der schlechteste und scheusslichste Teil der Passage. Ständige Seitenwechsel (natürlich nur mit zwei Ampelphasen machbar), rote Welle und eben gediegene 10 km auf für den Radverkehr freigegebene Bürgersteige der Bundesstraße entlang. Normalerweise kriegt mich da kein Mensch drauf, aber ich mache eine Ausnahme, denn die Straße wird von Autos regiert und der Machtanspruch wird klar formuliert. Also lieber 5 Minuten feige als ein ganzes Leben tot.
Nachdem die Bundesstraße endlich überstanden ist, folgen wir der Route durch ein hübsches namensloses Dorf mit einer Kulturroute. Zugegeben Kultur geht immer, aber die Zeit drängt. So können Radreisen eben auch laufen, den Kopf immer leicht nach links und rechts drehend alles einmal abnicken und dabei immer weiter treten. Jeder Meter zählt und wird irgendwann zum Kilometer.
Früher oder später musste es passieren und heute kriegen wir eine kleine Einführung in norddeutsches Schietwetter. Es beginnt zu nieseln. Nur kleine und wenige Tropfen, aber Tropfen. Wir waren darauf vorbereitet und haben für den Regen einen guten Plan: wir waschen damit unsere Kleidung.
Vielleicht ist es aufgefallen, auf den Selfies der letzten 5 Tage trage ich das gleiche T-Shirt, und verrückterweise riecht es kein bisschen. Was eklig anmutet, ist das Geheimnis guter Vorbereitung. Den einige Materialien versprechen genau dass, um möglichst wenig Gepäck mitnehmen zu können. Jedes Kilo zählt und den Bauch kann ich leider nicht zuhause lassen. Also habe ich im Vorfeld Bambus- und Merino-Misch-T-Shirts erworben und bin hin und weg. Kein Geruch, kein fieses Gefühl, die Teile trocknen mega schnell und kühlen dadurch bei grosser Anstrengung und wärmen sogar wenn es kälter ist…. wer Infos braucht, sagt mir Bescheid.
Wir kommen endlich am Steinhuder Meer an, erst Vorboten in Form von Moor und dann ein Steg mit Sicht über das Gewässer. Ein beeindruckender Anblick. 29 qkm und durchschnittlich nur 1,35 m tief – stark vereinfacht. Krasssser Anblick – klar gibt es hier nen Bild von. Ehrensache.
Wir umrunden den See knapp zur Hälfte und kommen endlich an. Duschen, umziehen, doch noch richtig waschen, essen, bloggen und Route planen.
Over and out!






